Suizid entstigmatisieren und Solidarität stärken

„Offen reden – aktiv verstehen – gesellschaftlich handeln“ – das ist das Motto des diesjährigen Welttages der Suizidprävention, der seit 2003 am 10. September begangen wird. Aus diesem Anlass fordert der Deutsche Hospiz- und PalliativVerband (DHPV) einen offenen Umgang mit diesem existentiellen Thema sowie die Stärkung der Solidarität, Sorge und Fürsorge als gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Anlässlich des Welttages der Suizidprävention, fordert auch der DHPV eine Entstigmatisierung von Suizid und einen offenen Umgang mit diesem bis heute tabuisierten Thema.

„Es geht darum, das Bewusstsein dafür zu schärfen, wie wichtig es ist, das Narrativ über Suizid zu verändern, die Stigmatisierung zu verringern und offene Gespräche zur Suizidprävention zu fördern. Dadurch wären ein großer Teil der Suizide vermeidbar“, so Prof. Winfried Hardinghaus, Vorsitzender des DHPV.

Dr. Ute Lewitzka, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, Expertin für Suizidprävention und -forschung sowie neu berufenes Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des DHPV ergänzt: „Notwendig ist es außerdem, der psychischen Gesundheit und der Suizidprävention in der Politik Priorität einzuräumen. Das heißt für uns, weiter mit Nachdruck die gesetzliche Verankerung der Suizidprävention zu fordern.“

Die Vorlage eines Suizidpräventionsgesetzes war mit breiter Mehrheit der Bundestagsabgeordneten im Juli letzten Jahres abgestimmt worden. Als Zeitrahmen war hierfür der 30.6.2024 vorgesehen. Zwar hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach Anfang Mai 2024 eine Nationale Suizidpräventionsstrategie vorgestellt, die gesetzliche Ausgestaltung steht aber weiterhin aus.

„Von diesen gesetzgeberischen Fragen abgesehen setzt sich in unserer Gesellschaft leider immer mehr die Ansicht durch, dass sich helfen zu lassen gleichbedeutend mit Autonomieverlust ist“, so Lewitzka mit Hinweis auf die Münchner Erklärung 2024 des D-A-CH Forums „Suizidprävention und assistierter Suizid“.

Dort heißt es unter anderem: „Eine absolut gesetzte und nicht hinterfragte Autonomievorstellung des Individuums darf das Prinzip der Suizidprävention, des Schutzes des menschlichen Lebens und der Fürsorge nicht außer Kraft setzen. Jeder, der einem suizidalen Menschen begegnet, hat die Verantwortung, ihm/ihr mitmenschliche und gegebenenfalls fachliche Unterstützung zum Leben anzubieten. Die grundlegende Erkenntnis der Suizidforschung, dass suizidale Menschen im Allgemeinen nicht sterben, sondern „so“ nicht mehr leben wollen, muss Richtschnur werden im Umgang mit Menschen mit Verlangen nach assistiertem Suizid.“

„Wir möchten noch einmal dringend darauf hinweisen, dass der Hospizarbeit und Palliativversorgung mit Blick auf die Suizidprävention eine wichtige Aufgabe zukommt“, so Hardinghaus. „Die Möglichkeiten einer guten Leidenslinderung bei schweren Erkrankungen sind immer noch zu wenig bekannt. Dadurch kann sich besonders bei jüngeren, noch gesunden Menschen die Vorstellung eines späteren Suizides als einzig richtigem Ausweg festsetzen.“

Ganz grundsätzlich sieht der DHPV zusammen mit einem breiten Bündnis verschiedener Akteurinnen und Akteuren der Suizidprävention Staat und Gesellschaft in der Verantwortung. In der Münchner Erklärung heißt es dazu: „Kein Mensch soll durch gesellschaftlichen, ökonomischen und sozialen Druck zum assistierten Suizid gedrängt werden. Der Staat hat die Pflicht, Suizidprävention zu fördern, auszubauen und gesetzlich zu verankern. Es ist unsere Aufgabe, einem Mitmenschen, der sein Leben als unwürdig empfindet, seine unveräußerliche Würde erfahrbar zu machen. Wenn keine Heilung möglich ist, geht es um die bestmögliche Linderung der Beschwerden, Begleitung und Trost. Dies vermittelt die Sicherheit, dass Menschen auch im Alter und bei Krankheit Fürsorge, gute Pflege und medizinische Versorgung bis zuletzt zuteilwird.“

Weitere Informationen
Zahlen des Statistischen Bundesamtes (2023)
Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention (DGS)
Informationen des Nationalen Suizidpräventionsprogramms (NASPRO)
Münchner Erklärung 2024 des D-A-CH Forums „Suizidprävention und assistierter Suizid“ (PDF)

Der Deutsche Hospiz- und PalliativVerband e.V. ist seit 1992 die bundesweite Interessenvertretung der Hospizbewegung sowie zahlreicher Hospiz- und Palliativeinrichtungen in Deutschland. Als Dachverband der Landesverbände in den 16 Bundesländern sowie weiterer überregionaler Organisationen der Hospiz- und Palliativarbeit und als selbstverständlicher Partner im Gesundheitswesen und in der Politik steht er für über 1.280 Hospiz- und Palliativdienste und -einrichtungen, in denen sich mehr als 120.000 Menschen ehrenamtlich, bürgerschaftlich und hauptamtlich engagieren.

Kontakt
Angela Hörschelmann
Deutscher Hospiz- und PalliativVerband
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